21.03.2019 bis 31.03.2019
Domagkateliers, Halle 50, Margarete Schütte-Lihotzky Str. 30, 80807 München
Carola von Seherr-Thoss
Give it a splash
Malerei. Acryl auf Leinwand und Papier
Von 21. März bis 31. März 2019 präsentiert Carola von Seherr-Thoss in Halle 50 der Domagkateliers erstmals Bilder, die in den letzten sechs Jahren entstanden sind. Das Bild kam nach dem Ton: Seit über 30 Jahren arbeitet sie mit der Stimme, heute als Dozentin an der Theaterakademie August Everding und als Coach für Schauspieler, Sprecher, Moderatoren und Führungskräfte, früher auch als Sängerin. Das Interesse an bildnerischen Ausdrucksmöglichkeiten prägt sie jedoch seit Mitte der 80er Jahre, als sie noch als Schauspielerin tätig war – zunächst als Betrachtende, seit 2013 auch als Malende in einem Atelier in Beuerberg bei München.
Carola von Seherr-Thoss bezeichnet ihre Arbeiten als einen Prozess, der in mehreren Schritten und ganz anders als bei der Arbeit mit der Stimme abläuft: Farbe anstoßen, betrachten, verfeinern. „Beim Malen erlebe ich eine gestalterische Freiheit, in der die bekannten Fragen aus der Schauspielpraxis – wie, warum, weshalb, wer, wann, für wen – erst gar nicht auftauchen. Hier erlaube ich mir, einem Gestaltungs-instinkt bedingungslos zu folgen.“ Eine mögliche Vorgehensweise beim Malen ist für sie, von einem konkreten Sujet auszugehen. Immer häufiger ist es eine Landschafts-impression, die sie auf einem Foto festgehalten hat. Der Mensch ist hier meist nicht im Bild, sondern drückt sich indirekt in der individuellen Bildsprache aus. Das Sujet dient als Initialzündung, der die Auseinandersetzung mit Farbe und Form folgt.
Gestaltung anstoßen und sie sich selbst überlassen
Dem Malimpuls folgt Seherr-Thoss meist mit breiten Pinseln. Die Bewegung mit dem Pinsel auf der Leinwand hat eine Form von Wildheit, sie ist meist schnell und eruptiv. Beim Schwenken des Pinsels im Raum fliegen Tropfen, Schlieren und Linien auf die Leinwand. Die Leinwände hängen dabei an der Wand oder liegen auf dem Boden.
Die Papierarbeiten, die zu einer Serie gehören, bemalt Carola von Seherr-Thoss nicht der Reihe nach, sondern gleichzeitig: „Hier interessiert es mich, wie sich der große Malgestus mit dem breiten Pinsel auf der viel kleineren Fläche verhält, wie das Sujet, meist mit großer Intensität auf die großen Leinwände gemalt, in den Papierarbeiten ‚vertropft’, sich vereinfacht, durchsichtiger und klarer wird, oder aber auch verdichtet. Die ‚Welle’ beginnt auf den Leinwandbildern und rollt auf den Papierarbeiten aus.“ Die Farben bleiben in ihrer Farbigkeit „rein“, sie werden nicht vorher gemischt, sondern vermischen sich ausschließlich während des Malens auf dem Bild. „Farbflächen, Pinselstriche und Klekse auf den Bildern anzulegen, die Bilder dann abzureiben, gegeneinander zu verschieben oder abzudrücken, das heißt für mich, Gestaltung anstoßen und dann sich selbst überlassen. Die Spuren, die die wiederholten Abreibungen zweier Bilder auf dem jeweils einzelnen Bild hinterlassen, dieser Zufall des Zusammentreffens von Farbschattierungen, Farbschlieren, großen und kleinen Tropfen und flächigen Farbstrukturen, das sind wesentliche Gestaltungselemente, die mich immer mehr interessieren.“
Der Dialog im Bild
In einer Serie bilden die großen Leinwandgemälde und die dazugehörenden Papierbilder einen thematischen Bildraum, in den der Betrachter eintreten kann.
Die Bilder einer Serie stehen in Beziehung zueinander. Bei Diptychen oder Triptychen spielen die Lücken, die Freiräume zwischen den Bildern, eine wichtige Rolle. Die Lücken sind Projektionsfläche für die Assoziationen des Betrachters, der die Freiheit hat, Linien und Formen im Geiste selbst zu komplettieren und weiter zu führen. „Vergleichbar ist das mit der Stille in der Musik, die den Hörer einlädt, ein Stück weiter zu denken“, sagt Carola von Seherr-Thoss. Die Nähe zur Musik wiederholt sich in der Aneinanderreihung der Bilder. Durch sie entsteht Bewegung, ein serieller, rhythmischer, filmischer Flow, ähnlich der Wiederkehr eines abgewandelten Themas in der Musik. Wiederholung, Gleiches, Wiedererkennbares taucht auf und lässt Bewegung im Raum entstehen, der der Betrachter folgen kann.
Carola von Seherr-Thoss absolvierte ein Schauspiel- und Gesangsstudium in München und Berlin. In Hamburg, Kassel, Osnabrück, Berlin u.a. hatte sie Engagements als Schauspielerin und Sängerin. Sie realisierte eigene Theaterprojekte und genreübergreifende Veranstaltungen mit Malern und Musikern bei TV- und Rundfunkproduktionen. Seit 25 Jahren ist sie als Dozentin (Hochschule für Musik Karlsruhe, Musikhochschule Augsburg/Nürnberg, Hochschule für Musik und Theater München, LMU München) für Schauspiel, Sprechen und Gesang tätig. Seit 1997 unterrichtet sie an der Bayerischen Theaterakademie August Everding im Studiengang Schauspiel. 2015 wurde ihr die Ehrenurkunde des Freistaates Bayern für 25 Jahre künstlerische Lehrtätigkeit verliehen. 1990 gründete sie das Studio Vocal-Acting, in dem sie Führungskräfte, Schauspieler, Sprecher, Moderatoren und Drehbuchautoren coacht und trainiert.